Wir zwei aus dem Weserbergland
© by Insa & Jörg Sartorius 2023
A
Abbruch
(der Bike-Tour). Darf nur bei außergewöhnlichen Ereignissen erwogen
werden - also etwa bei einem Erdbeben oder beim Ausbruch des
Vulkans, den man gerade hinaufkeucht. alles andere wäre unsportlich.
Abfahrt
Das Schärfste überhaupt. Über Stock und Stein, Wurzelwerk und
Bodenwellen fetzt, rast, brettert und donnert der Biker talwärts, pardon,
downhill, scheucht Kühe, Gemsen, Wanderer und anderes Getier seitlich
in Büsche und Felsspalten, schlittert mit einem Power-Slide um die Kurve,
vermeidet mit einem gerissenen Wheelie die Kollision mit dem Wegweiser,
setzt per Bunny-Hop über einen Felsen und landet nach einem total irren
Direttissima-Flight auf dem nächsten Operationstisch.
Abgang
Zunächst einmal Grundsätzlich: der Biker stürzt nicht, der Biker geht vom
Gerät ab. Kontrolliert!! Auch wenn es nicht immer so aussieht. Es haben
sich dabei, ähnlich wie bei der Eislauf-Kür, verschiedene Abgangsformen
herausgebildet, von denen wir hier einige aufführen wollen: Etwa den
eingesprungenen Doppelbock, bei dem der Biker mit gespreizten Beinen
nach vorne über den Lenker segelt. Der Abschluss dieser Figur kann
entweder in einem Plattnasen-Slide bestehen oder, noch gekonnter, in
einem dreifachen gezwirbelten Geröllheimer mit punktuellem Head-Touch.
Sehr beliebt ist auch der hangabwärts gekippte Schluchtensegler mit
gerissener Fichtenlandung oder, wahlweise, geschrammter Backen-
Pirouette. Das gleiche gilt für das hauptsächlich auf Kuhweiden
vorgeführte Fladenglissando mit einwärts gedrehtem Almrausch-
Überschlag und geplatschtem Steißdreher. Auch bei den verschiedenen
Salto-Variationen, je nach Können mit oder ohne anhängendem Bike,
kann der Fortgeschrittene sein artistisches Können unter Beweis stellen.
Abgas
Krebsförderndes Produkt der automobilen Zivilisation. Der
gesundheitsbewußte Mountainbiker flüchtet davor in Bergeshöhen, wo er
es nur noch mit krebsfördernden Ozon zu tun hat.
Abheben
Augenblick, in dem der Biker von der fahrenden in die fliegende
Fortbewegung übergeht.
Abseilen
Aus der Bergsteigersprache übernommener Ausdruck. Sich abseilen
bedeutet, den Biker-Pulk zu verlassen und im nächsten Wirtshaus dessen
Rückkehr abzuwarten.
Absteigen
Kommt überhaupt nicht in Frage!!!
Adrenalin
Hormon, das mit steigendem Stress vom Körper produziert wird. Wie sehr
den Biker beispielsweise eine Abfahrt geschlaucht hat, wird bei der
Analyse daran erkannt, wie viel Restblut im Adrenalin enthalten ist.
Ahoi!
Begrüßungsruf norddeutscher Mountainbiker, wenn sie sich bei der Watt-
Tour oder beim Deich-Climbing begegnen.
Akklimatisation
Erfahrene Biker wissen, wie wichtig es ist, nicht hur bei der Reise in ferne
Regionen, sondern auch in der heimischen Bergwelt. Erreicht man doch,
je höher man kommt, laufend neue Klimazonen. Der Körper muss sich
also ständig neu anpassen, und das kann er nur im Ruhezustand.
Entsprechende Pausen sind deshalb einzuplanen, im Durchschnitt alle
200 Höhenmeter. Auf diese Weise kommt man zwar nicht auf den Gipfel,
aber wenigstens ausgeruht wieder nach Hause.
Alkohol
Der sportliche Biker meidet ihn und löscht seinen Durst ausschließlich mit
Wasser und Tee. Wie zum Beispiel Kirschwasser, Zwetschgenwasser,
Jagertee oder Hopfentee
Almhütte
In den höheren Regionen der Alpen gelegene Unterkunft von Kuh-
Beaufsichtigungspersonal, auch Senner genannt – heute jedoch meist nur
noch zur Touristen-Ergötzung und –Atzung unterhalten. Dort gibt es
jederzeit frische Kuhmilch aus der Plastiktüte und Käse aus der
Frischhaltefolie, deren Preise nach Metern über Meereshöhe berechnet
werden.
Alpen
Bergmassiv, das zum Durchqueren geradezu einlädt. Der erfahrene Biker
weiß, dass eine derart schwierige Aufgabe nur wohlüberlegt angehen darf.
Am besten hat sich bis jetzt folgende Methode bewährt: das Bike auf dem
Dachträger befestigen, sich hinters Steuer setzen und Gas geben.
Amnesie
Zeitlich begrenzte Erinnerungslücke, die gerade bei Bikern immer wieder
auftritt. Wenn sie zum Beispiel von ihrer letzten sagenhaften Tour
berichten, wissen sie noch genau, mit welchem Elan sie die ersten
Höhenmeter angegangen sind, und sie vermögen auch sehr eindrucksvoll
das erhebende Gefühl zu schildern, das sie auf dem Gipfel übernommen
hat – aber an die Strecke dazwischen, auf der sie das Bike geschoben
haben und trotzdem beinahe zusammengebrochen sind, an die können
sie sich beim besten Willen nicht mehr erinnern.
Andenken
Man nimmt sie mit nach Hause, um sich auch später noch an die
wunderschöne Tour zu erinnern. Die einen, auch Souveniers genannt,
muss man bezahlen, die Kosten der anderen übernimmt die
Krankenkasse.
Ansichtskarte
Man schickt sie aus dem Urlaub an die Lieben zu Hause, wobei man am
besten eine auswählt, auf der viele Gipfel zu sehen sind. Einen davon
kennzeichnet man mit einem Pfeil oder Kreuz. Das ist der, den man, wenn
die Umstände nicht so widrig gewesen wären, beinahe erreicht hätte.
Antrieb
Eines wird vom anderen angetrieben. Das Rad vom Ritzel, das Ritzel von
der Kette, die Kette von den Pedalen und diese wiederum vom Biker. Und
der Biker? Offenbar ist da eine Lücke in der Konstruktion.
Askese
Mit diesem Wort wird die für jeden ernsthaften Sportler – und welcher
Biker wäre das nicht – so wichtige Zurückhaltung bei allen Arten von
körperlichen Genüssen und Ausschweifungen bezeichnet. Wer genug
Power auf die Pedale bringen und nicht schon bei der ersten läppischen
20-Prozent-Steigung abschaffen will, der muss sich einschränken. Also
zum Beispiel kein ganzes gebratenes Hähnchen als Wegzehrung
mitnehmen, sondern nur ein halbes! Und am Abend zuvor muss beim
vierten Bier Schluss sein, auch wenn’s weh tut.
Asphalt
Glatte Fahrbahnunterlage, für die das Mountainbike im Grunde gar nicht
geschaffen wurde. Warum trotzdem die meisten dieser Wald- und
Wiesenränder ausgerechnet darauf herumrollen, konnte noch nicht
endgültig geklärt werden. Es scheint sich da um ein ähnliches Phänomen
wie bei den vierradgetriebenen Geländewagen zu handeln.
Aufwärts
Von jedem erfahrenen Biker bevorzugte Fahrtrichtung. Ist sie doch ein
sicheres Indiz dafür, dass es irgendwann auch wieder abwärts gehen wird.
Ausdauer
Die Fähigkeit, den Zeitraum zwischen Aufbruch und Zusammenbruch
möglichst in die Länge zu ziehen.
Ausgleichsport
Betätigung, die einen Ausgleich zur hauptsächlich betriebenen Sportart
bildet und die dabei nicht oder nur unzureichend aktivierten Körperpartien
trainieren soll. Als Ausgleichsport zum Biken, bei dem vor allem die Beine
bewegt werden, bietet sich zum Beispiel das Skat- oder Schachspielen
an.
Azoren
Inselgruppe im atlantischen Ozean, wo die das Bike-Wetter
bestimmenden Hochs und Tiefs herkommen, die Biker selbst jedoch nur
selten hinkommen.